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Reggaeton (auch Reggaetón oder Requetón) ist eine Musikrichtung, die
sich aufbauend auf Reggae, Dancehall, Hip-Hop, lateinamerikanischen
Musikrichtungen und Dance Musik entwickelt hat. Reggaeton ist sexy, wild und kraftvoll - genauso wie Perreo, der dazugehörige Tanz. Beides wurzelt im Lateinamerika der frühen 90er des 20. Jahrhunderts. Puerto Rico und Panama nehmen die Vorreiterrolle in der Etablierung des neuen Stils ein, der um die Jahrtausendwende zunächst Amerika und Spanien, und mit ein paar Jährchen Verspätung auch Resteuropa erreicht.
In Deutschland löst Daddy Yankee mit dem Top Ten-Einstieg von "Gasolina" (2005) das Reggaeton-Fieber aus. Seitdem tanzt sich die Republik zu den südamerikanischen Weisen die Seele aus dem Leib bzw. dem Popo. Dieser ist es nämlich, dem die gesamte tänzerische Aufmerksamkeit gebührt. Der volle Einsatz des weiblichen Culo, wie das vergötterte Hinterteil in Lateinamerika heißt, gehört zwingend zum Perreo. An diesen Culo treten die Herren von hinten heran (Doggy-Style!) und kreisen mit ihren Hüften. "Das ist der Lambada des Reggaeton" erklärt ein Szenekenner.
Dieses Paarungsverhalten in Kleidern spiegelt sich beim Mainstream-Reggaeton in den Texten wider, die so profane Themen wie Liebe, Tanzen oder eben Sex bemühen. Ursprünglich hatten die Songs allerdings viel gewichtigere Statements zum Inhalt, waren sie doch musikalisches Sprachrohr und Ausdruck des Lebensgefühls einer nicht privilegierten Gesellschaftsschicht. Politische und sozialkritische Reime sind das eigentliche Wesensmerkmal des Reggaetons. Er kommt, ebenso wie Hip Hop, aus den Straßen der Slums. "Die Lyrics sind stark. Wir rappen über das, was auf der Straße geschieht, über die Realität. Reggaeton ist wie Hip Hop" beschreibt Ivy Queen die Anfänge in den Armenvierteln Puerto Ricos, den Barrios.
Über zehn Jahre fristet er dort ein Nischendasein. "Die puertoricanische Mittelklasse betrachtete die Musik als vulgär, Medien und Regierung versuchten sie unten zu halten, indem sie gemeinsam eine Anti-Reggaeton-Politik durchsetzten, die es per Gesetz verbot, Reggaeton im Radio und TV zu spielen oder im regulären Handel zu verkaufen" berichtet Riddim.de über die Entstehungsgeschichte.
"Aber sieh dir an, wo Reggaeton heute steht. Er ist Teil des Mainstreams" ergänzt Ivy Queen, die Missy Elliott des Reggaeton. Teil des Mainstreams zu sein ist auch das Los des Hip Hop, der sich im Hochglanzformat mit Gangster-Klischees schmückt. Aber egal, wie der Hip Hop für westliche Heranwachsende, ist der Reggaeton als identitätsstiftende Größe für die lateinamerikanische Jugend nicht mehr wegzudenken: "Wir besitzen nicht viel, aber Reggaeton kann uns niemand wegnehmen. Er ist unsere Identität."
Im Laufe der 90er Jahre kommt die lateinamerikanische Mittelschicht auf den Geschmack. Nun schickt es sich, Perreo zu tanzen und Reggaeton bürgt fortan für heiße Club-Nächte. 1995 stempeln der panamesische DJ El General und der puertoricanische Rapper Vico C dem Stil erstmals das Label "Reggaeton" auf. Ende der 90er schwappt die Welle zeitgleich nach Amerika und Spanien.Wyclef veröffentlicht 2001 als einer der ersten US-Rapper, gemeinsam mit Ivy Queen, "In The Zone", mit dem er seiner Zeit etwas voraus ist.
In Europa tritt Reggaeton seinen Siegeszug in den Clubs unserer iberischen Nachbarn an. In Spanien landet der puertoricanische Rapper Don Omar mit "Dale" einen Hit, kurz bevor Daddy Yankee den Reggaeton nach Deutschland importiert. Sein "Gasolina" versetzt 2005 die einheimische Szene in Aufregung - man darf endlich an der Geburt einer wegweisenden Stilistik teilhaben. Zu den führenden Köpfen der Bewegung zählen zu dieser Zeit Don Omar, Javia, Nicky Jamz, Eddie Dee, Tito El Bambino, Tego Calderon und Ivy Queen.
Das wohl auffälligste Merkmal des Reggaeton ist der konstante Rhythmus
eines Drumcomputers (Drum-Machine). Der charakteristische Rhythmus des
Reggaeton heisst "Dem Bow"-Rhythmus (boom-ka-boom-ka, boom-ka-ka-Beat), benannt nach dem gleichnamigem
Song vonShabba Ranks , der die Entwicklung des Reggaeton-Sounds stark
beeinflusst hat. Es ist eine sehr eindringliche, konstant zum Tanzen
animierende Musik. Man spürt nicht nur die Enflüsse vonDancehall und
elektronischer Musik (wie z. B. Hip-Hop Beats), sondern sogar
afrikanische Elemente, die sich über die Musik der Sklaven in
verschiedene lateinamerikanische Stile wie Bomba und Plena gerettet
haben und sich im Reggaeton wiederfinden.
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